Caspar Krieger (Monostatos), Sophie Mitterhuber (Pamina) © Markus Tordik

“Zauberflöte” – Shakespeares Musiktheater

Autor/in: Katarzyna Wakuła
Veröffentlicht am Januar 13, 2024

/ Das Gespräch mit Josef E. Köpplinger führte Fedora Wesseler

Du inszenierst »Die Zauberflöte« nun zum dritten Mal. Wie geht man an ein so vielschichtiges und weltbekanntes Stück heran?

Ich habe mich zunächst gefragt, was die »Zauberflöte« eigentlich war. Sie war der einzige wirkliche Erfolg Mozarts und wurde gespielt in einem Vor- stadttheater mit kleiner Bühne, dem Theater auf der Wieden. Es war ein Theater fürs Volk, eine Art überdachtes Globe Theatre, oder Shakespeares Musiktheater. Für mich war immer wichtig, dass neben dieser göttlichen, unfassbaren Musik von Mozart der Theater-Zampano Schikaneder steht. Die »Zauberflöte« hätte nicht ohne das Genie Schikaneder funktioniert – der in manchen Szenen ganz bestimmt auch improvisiert hat. Es ist Comedy darin. Neben dem Hehren und Menschlichen, um das es geht, gibt es auch Ironie und Entertainment.

Gilt sie darum oft als Einsteiger-Stück?

Die »Zauberflöte« ist in mehrfacher Hinsicht ein Einsteiger-Stück. Es geht ja um Reife, um Initiation, also Erwachsenwerden. Das ist ein schmerzlicher Prozess in manchen Belangen, und ich habe mich gefragt: Was passiert, wenn ein junger Mensch eine leere Bühne betritt und damit selbst den Theaterzauber auslöst? Wenn er sich in eine Helden-Rolle, in »Young Hero Tamino«, hineinbegibt und sein Alter Ego, den Erwachsenen, trifft? Er er- lebt auf der Theaterbühne eine spannende Zeitreise voll Magie und Poesie.

Welchen Stellenwert hat für dich der Zauber in der »Zauberflöte«?

Der Zauber kann durch eine Begegnung entstehen – sofern er nicht manipuliert ist. Etwa das leuchtende Bild, das Tamino von den drei Damen bekommt: Vielleicht steckt da Magie drin. Sie geben ihm keine Magic Mushrooms oder irgendwelche Drogen, sondern er sieht das Bild und spürt – und das gibt es im Leben! – eine Art Bestimmung. Diese erste große Liebe löst etwas aus: Das ist ein Zauber. Dann gibt es natürlich Schutz- zauber: das Glockenspiel, das Papageno bekommt, und die Zauberflöte, die der Paminas Vater geschnitzt hat.

Dieser Vater ist indirekt sehr präsent.

Ja, wir haben die Textstelle wieder reingenommen, in der die Königin erklärt, warum sie so wütend ist. Nämlich, weil ihr eigener Mann ihr ge- sagt hat: »Vertrau dich der Führung starker Männer an!« Dass sie dann zu weit geht, wenn sie von ihrer Tochter den Mord an Sarastro fordert, also an einer anderen Vaterfigur, ist klar. Aber ihre ursprüngliche zornige Regung ist durchaus menschlich, finde ich. Ich glaube auch nicht, dass die »Zauberflöte« ein frauenfeindliches Stück ist: Wer führt denn Tamino durch die Feuer- und Wasserprobe? Pamina! Ist das geplant? Nein! Und im Verhältnis zwischen Papageno und Papagena ist auch ganz klar, dass Papagena die Hosen anhat.

Welche Rolle spielt Sarastro?

Sarastro hat eines im Sinn: abzudanken und den Sonnenkreis zwei Vertretern zu übergeben, Mann und Frau. Das ist die gute Seite von Sarastro: der Blick in die Zukunft. Deswegen gestattet er, dass Pamina mit Tamino durch die Prüfungen geht. Wenn die Königin der Nacht Tamino die Flöte zukommen lässt, hat sie vielleicht eine ähnliche Absicht.

Aber ihre Tochter Pamina zerbricht fast an ihrer Aufforderung zum Mord.

Ja, Pamina wird in mehrfacher Hinsicht traumatisiert, aber sie ist eine star- ke junge Frau. Erst später will sie sich umbringen – wie Papageno, üb- rigens aus dem gleichen Grund: Es sind diese beiden, die singen »Mann und Weib und Weib und Mann reichen an die Gottheit ran«. Beide wollen geliebt werden.

Das will auch Monostatos. Wie siehst du diese Figur?

Er ist ein Mann von geringem Stand, der ausgenützt wird, als willfähriger Diener einer Obrigkeit, Sarastros, und die unangenehmen Dinge erledigen muss. Charakterlich ist er ebenso komplex wie die Königin der Nacht, kei- neswegs nur gut oder nur böse. Er ist einer, der einsam ist. Auch die drei Damen sind autonome Wesen, die sich nach einer Zärtlichkeit sehnen. Die Nacht ist ja nicht nur mit Racheplänen verbunden, sie hat auch eine sinn- liche Komponente. Das Dunkel birgt auch Unbekanntes. Georg Christoph Lichtenberg hat gesagt, dass man oft durch Träume in Umstände gerät, in die man wachend nicht so leicht hätte geraten können.

Wie der junge Tamino.

Ja, und das Spannendste im Verlauf der Proben war für mich, zu sehen, welche Verbundenheit zwischen dem jungen Tamino und dem erwachsenen Tamino herrscht, also wie sie voneinander Dinge angenommen haben und wie gut es auch tut, noch einmal den Teenager oder das Kind in sich zu entdecken. Letztlich trägt jeder seine Zauberflöte in sich.

 

(Pressemeldung)

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung / 5. Anzahl Bewertungen:

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert